Wien/Gaza, 1. März 2024. Nach fast fünf Monaten Konflikt leidet die Bevölkerung im Gazastreifen unter Krankheit, Hunger und Dunkelheit. Eine von CARE beauftragte Analyse von Satellitenbildern zeigt, dass in den Städten des Gazastreifens ein massiver Rückgang der Elektrizität zu verzeichnen ist, mit einer Reduktion von 84 Prozent bei der nächtlichen Beleuchtung. In Gaza-Stadt ist der Rückgang der Beleuchtung mit 91 Prozent am größten. In Rafah, wohin über 1,2 Millionen Palästinenser:innen geflohen sind, sind es 70 Prozent. Darüber hinaus haben 70 Prozent der Krankenhäuser im Gazastreifen nur wenig oder gar kein Licht in der Nacht, was die medizinische Versorgung stark beeinträchtigt.

„Der Gazastreifen ist buchstäblich in Dunkelheit getaucht. Die Analyse verdeutlicht die weitreichenden Schäden an der Infrastruktur und der Wirtschaft, was das Überleben der Menschen zu einem täglichen Kampf macht“, schildert Hiba Tibi, Länderdirektorin von CARE Westbank und Gaza. Über 60 Prozent der Häuser wurden zerstört. Rund 2,2 Millionen Menschen – die gesamte Bevölkerung des Gazastreifens – sind unmittelbar vom Hungertod bedroht. Mehr als 80 Prozent der Bevölkerung sind Binnenvertriebene, die in Schulen, Krankenhäusern und zunehmend auch in provisorischen Unterkünften auf offenem Gelände und Straßen Schutz vor den ständigen Angriffen suchen.

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Eine Satellitenbildaufnahme vom Gazastreifen am 14. September 2023. Foto: International Research Center of Big Data for Sustainable Development Goals, China

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Eine Satellitenbildaufnahme vom Gazastreifen am 21. Oktober 2023. Foto: International Research Center of Big Data for Sustainable Development Goals, China

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Eine Satellitenbildaufnahme vom Gazastreifen am 1. Jänner 2024. Foto: International Research Center of Big Data for Sustainable Development Goals, China

„Satellitenbilder bieten einen unvoreingenommenen Blick auf die massiven Verwüstungen im Gazastreifen“, sagt Dr. Xi Li von der Universität Wuhan, der leitende Forscher des Projekts. „Die Arbeit der humanitären Helfer wird zunehmend behindert, was eine Bewertung der Schäden erschwert. Unsere Bilder, die aus 500 Meilen Höhe aufgenommen wurden, zeigen die Zerstörung und das Leid, das Kinder, Frauen und Männer in Gaza ertragen müssen. In Gaza-Stadt, dem am schlimmsten betroffenen Gebiet, sind die Lichter fast vollständig ausgefallen.“

Auswirkungen auf Krankenhäuser sind gravierend

Die Zahl der Krankenhäuser, in denen nachts kein oder nur sehr wenig Licht brennt, liegt bei etwa 70 Prozent, wobei die Stromausfälle in Gaza-Stadt und Nord-Gaza besonders gravierend sind. „Strom bedeutet in Krankenhäusern Leben oder Tod. Wir hören von Neugeborenen, die sterben, weil es keinen Strom für die Brutkästen gibt, von Kindern, die nicht mehr atmen, und von Müttern, die auf dem Operationstisch sterben, nur weil lebensrettende Maschinen abgeschaltet wurden“, sagt Tibi. Der Mangel an Elektrizität in den Krankenhäusern ist besonders besorgniserregend, da nur 12 von 36 Krankenhäusern noch teilweise in Betrieb sind und die verbleibenden ausgelastet sind.

Während zu Beginn der Eskalation einige Stromquellen abgeschaltet waren, ging dem einzigen Kraftwerk in Deir al-Balah Mitte Oktober der Brennstoff aus. Da keine Notstromaggregate zur Verfügung stehen, sind Bäckereien, Krankenhäuser, Wasserpumpen und andere wichtige Einrichtungen wie Kläranlagen außer Betrieb.

Die anhaltende Gewalt behindert den Zugang der humanitären Hilfe. CARE fordert, dass die Lieferung lebenswichtiger Hilfsgüter erleichtert wird, einschließlich der Wiederherstellung der Stromversorgung und der Bereitstellung von Treibstoff für den Betrieb von Generatoren. Die Zivilbevölkerung in Gaza braucht einen sofortigen Waffenstillstand, um weiteres Leid zu verhindern.

Über die Analyse: CARE beauftragte Dr. Xi Li vom Laboratory for Information Engineering in Surveying, Mapping and Remote Sensing an der Universität Wuhan in China mit der Analyse von Satellitenbildern des Gazastreifens. Er nutzt Fernerkundungsbilder, um die Lichtverhältnisse im September 2023 mit einer Reihe von Bildern im Zeitraum von Oktober 2023 und Januar 2024 zu vergleichen. CARE hat bereits ähnliche Analysen für die Konflikte in Syrien und dem Jemen beauftragt.

CARE Österreich verurteilt zutiefst den brutalen Terrorangriff auf Israel vom 7. Oktober. Unser Mitgefühl gilt den Opfern und Geiseln dieses Angriffs, ihren Familien sowie allen zivilen Opfern. CARE verurteilt jegliche Gewalt gegen Zivilbevölkerungen und fordert alle Konfliktparteien dringend dazu auf, ihren Verpflichtungen aus dem humanitären Völkerrecht nachzukommen und die Zivilbevölkerung zu schützen. CARE ist seit 1948 in der Region tätig. Die Arbeit von CARE orientiert sich ausschließlich am humanitären Mandat und den Menschenrechten.

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