Äthiopien: Im Kampf gegen Müttersterblichkeit

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Kahsa (34) schnappt sich die provisorische Trage – bestehend aus zwei langen Holzstöcken und einem Leinensack – und läuft los. Eine ihrer Nachbarinnen bekommt gerade ein Kind. „Wir versuchen unser Bestes, um die Zahl der Hausgeburten zu verringern. Es gibt keine Krankenwagen. Wir haben kein Geld, um einen privaten Transport zu bezahlen. Was sollen wir also tun?“

Seit Ausbruch des Konflikts hat sich die Gesundheitsversorgung von schwangeren Frauen in Tigray zunehmend verschlechtert. Vor dem Konflikt erhielten 90 Prozent der Mütter in der Region eine pränatale Betreuung. Mehr als 70 Prozent hatten Zugang zu qualifizierter Geburtshilfe.

Eine Hausgeburt birgt ein hohes Risiko für die Mutter und das Neugeborene. „Vor dem Konflikt konnten wir die Zahl der Hausgeburten in unserem Dorf fast auf null reduzieren, weil wir alle aktiv an der Aufklärung über die Risiken mitgewirkt haben. Doch dann wurde die Klinik wegen Schäden geschlossen und es war zu gefährlich, woanders hinzugehen“, erklärt Kahsa.

Rettung von Müttern und Neugeborenen

Kahsa aus Tigray, 2024 Kahsa aus Tigray, 2024

Durch die Folgen des Konflikts hat sich die Gesundheitsversorgung für schwangere Frauen verschlechtert. „Wir müssen mehr für die Mütter tun“, sagt Kahsa. Foto: CARE/Sarah Easter

Kahsa ist ein Vorbild in ihrer Gemeinde. Sie ist Mitglied einer sogenannten „Women Lead in Emergencies“-Gruppe, die von CARE und einem Partner im SELAM-Projekt in Äthiopien unterstützt wird. In der Gruppe diskutieren die Frauen über ihre Bedürfnisse in der Gemeinschaft. Bei einem Treffen kamen sie auf die Idee mit der provisorischen Trage. Dreißig Minuten dauert der Weg zur Klinik. Die Frauen wechseln sich ab. Das System funktioniert, ist aber kein Ersatz für einen Krankenwagen.

Die dreifache Mutter weiß aus erster Hand, warum der Zugang zur medizinischen Versorgung von Müttern so wichtig ist. „Mein Erstgeborenes war eine Hausgeburt. Ich blutete sehr stark und konnte drei Tage nicht ohne Hilfe stehen. Es dauerte lange, bis ich mich erholte“, sagt Kahsa. Ihr zweites Kind wurde in einer Klinik geboren. „Mein Baby hatte eine falsche Position. Ich wurde notoperiert und blieb drei Monate lang in der Klinik. Das hat mein Leben und das meines Kindes gerettet.“

Müttersterblichkeitsrate verfünffacht

Die Klinik in der Nähe von Kahsas Dorf ist beschädigt und es mangelt an Material für die Gesundheitsversorgung. Vor dem SELAM-Projekt gab es auch keinen Wasserzugang, erzählt Kahsa: „Frauen, die ihre Babys zur Welt brachten, mussten selbst einen 5-Liter-Kanister mit Wasser für ihre eigene Behandlung mitbringen.“

93 Prozent der Gesundheitseinrichtungen in Tigray verfügen nicht über die Grundausstattung, die für die Versorgung von Schwangeren und Neugeborenen erforderlich ist. Seit Ausbruch des Konflikts hat sich die Müttersterblichkeitsrate in der Region verfünffacht – auf 840 Todesfälle pro 100.000 Lebendgeburten. Damit ist die Müttersterblichkeitsrate in Tigray 168-mal höher als in Österreich.

Women Lead in Emergencies-Gruppe in Tigray Women Lead in Emergencies-Gruppe in Tigray

Früher hatten die Frauen in der Gemeinde kein Mitspracherecht. Jetzt stärken sie sich gegenseitig und stehen für sich ein. Foto: CARE/Sarah Easter

Die meisten Todesfälle bei der Geburt sind vermeidbar. Kahsa und die Frauen in ihrer Gruppe möchten das ändern. „Ich versuche, die Frauen in meiner Gemeinde zu unterstützen und die Gruppe zu ermutigen, für ihre Rechte einzutreten. Früher wurden wir in der Gesellschaft nicht gehört. Jetzt melden wir uns lautstark zu Wort. Endlich haben wir eine Stimme und kämpfen für uns Mütter.“

Das SELAM-Projekt wird von der Europäischen Union finanziert. Erfahren Sie mehr über das Projekt.

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