„Bei der
Geburt zu sterben war
für viele ein normales Risiko“

Wenn in einem ländlichen Dorf im Norden Bangladeschs ein Baby geboren wird, gibt ihm die Mutter Honig in den Mund, damit das Baby lernt, freundlich zu sprechen. „Es war ein Irrglaube. Wir wussten nicht, wie wichtig es ist, ein Neugeborenes innerhalb der ersten Stunde mit Kolostrum zu stillen“, erzählt Asma Akter (30). Kolostrum oder die erste Form der Muttermilch ist nährstoffreich und enthält viele Antikörper und Antioxidantien, die das Immunsystem des Neugeborenen aufbauen. Innerhalb von zwei bis vier Tagen nach der Geburt geht es in Muttermilch über.

In dem kleinen, von Reisfeldern umgebenen Dorf mit seinen vielen Ziegen und Kühen herrschte viel Irrglauben und der Zugang zu Wissen war begrenzt. „Ich wusste nichts von Vorsorgeuntersuchungen für Schwangere“, erzählt Priyanka (25), während sie ihre zweijährige Tochter Pollobi im Arm hält. „Viele Frauen starben während ihrer Schwangerschaft oder bei der Geburt. Das war normal und ein Risiko, das wir alle eingegangen sind. Die Frauen haben zu Hause entbunden, jetzt gehen die meisten von uns in die Gemeindeklinik.“

Die meisten Komplikationen während einer Schwangerschaft oder Geburt, an denen Frauen sterben, sind vermeidbar. Um die Müttersterblichkeit zu senken, ist der Zugang zur Mütterbetreuung und zu qualifizierter Geburtshilfe wichtig. Fast die Hälfte aller Geburten in Bangladesch findet immer noch zu Hause statt, ohne ausgebildete Geburtshelfer:innen. Bildung und Einkommen sind hier ausschlaggebend: Laut WHO haben nur 30 Prozent der Mütter ohne Schulbildung im Vergleich zu 63 Prozent der Mütter mit Sekundärschulbildung Zugang zu Geburtshilfe. Je nachdem, wie arm eine Frau ist, desto unwahrscheinlicher ist es, dass sie bei der Geburt eine ausgebildete medizinische Fachkraft zur Seite hat.

Priyanka mit ihrer Tochter Pollobi. Priyanka mit ihrer Tochter Pollobi.

Mit 16 Jahren war Priyanka das erste Mal schwanger. Im neunten Schwangerschaftsmonat fiel sie in ein Loch neben ihrem Haus. „Nachdem ich gestürzt bin, schwieg ich. Ich wusste nicht, was ich tun sollte. Mein Bauch wurde hart. Ich war so verängstigt. Am Ende war mein Baby tot“, erinnert sie sich. Seitdem hat Priyanka zwei gesunde Kinder zur Welt gebracht. „Als mein erstes Baby starb, weinte ich viel und war traumatisiert. Jetzt bin ich glücklich, dass meine zwei anderen Kinder gesund sind. Pollobi ist bei guter Gesundheit und hat zugenommen.“

Priyanka besucht regelmäßig die JANO-Sitzungen für Mütter und schwangere Frauen. Im CARE-Projekt JANO („Joint Action for Nutrition Outcome“) arbeitet man daran, die Gesundheit von Kleinkindern und ihren Müttern zu verbessern. Priyanka tauscht sich in den Sitzungen mit anderen Müttern aus und erhält wichtiges Wissen über Gesundheit, Ernährung und Vorsorgemaßnahmen in der Schwangerschaft. „Nachdem ich zu den JANO-Sitzungen gekommen bin, habe ich gelernt, wie wichtig es ist, Vorsichtsmaßnahmen zu treffen. Wenn sich mein Baby nicht bewegt hat, bin ich sofort zum Arzt gegangen, um mich untersuchen zu lassen“, erzählt Priyanka. „Ich habe auch viel darüber gelernt, was man während der Schwangerschaft essen sollte. Mein Mann arbeitet als Tagelöhner auf den Feldern anderer Leute. Es ist schwer, unseren Lebensunterhalt zu bestreiten. Ohne den Gemeinschaftsgarten von JANO haben wir nur Reis und Kartoffeln gegessen. Jetzt essen wir auch täglich Gemüse und Obst.“

Asma mit ihrem Sohn Araf bei einer Gesundheitsuntersuchung. Asma mit ihrem Sohn Araf bei einer Gesundheitsuntersuchung.

In Bangladesch ist jede dritte Schwangere unterernährt. Wenn die Mutter anämisch ist, wird auch das Baby unterernährt geboren. Fast ein Drittel der Kinder unter fünf Jahren ist von Stunting betroffen. Das wirkt sich auf die längerfristige kognitive Entwicklung und ihre Zukunft als Erwachsene aus. Armut behindert den Zugang zu Wissen und Dienstleistungen für die frühkindliche Entwicklung. Das spiegelt sich in den höheren Raten von Stunting, Auszehrung und Sterblichkeit in armen Haushalten wider.

Asmas Sohn Araf ist immer noch leicht unterernährt. Seine Mutter geht regelmäßig zur Gesundheitsuntersuchung in die Gemeindeklinik. Durch JANO erfuhr sie, dass sie Zugang zur Klinik hat und wie wichtig die monatlichen Vorsorgeuntersuchungen sind. „Durch die Ernährungsberatung weiß ich, wie ich Araf richtig ernähre“, sagt Asma. Bevor das JANO-Projekt in ihrem Dorf begann, war der Zugang zu nahrhaften Lebensmitteln schwierig und die Lebensmittelpreise hoch. Außerdem wussten die meisten Familien nicht, wie sie ihr eigenes Gemüse anbauen sollten. Jetzt liefern die JANO-Gemeinschafts- und Hausgärten nahrhaftes Gemüse und Obst. „Wir haben unsere Art zu kochen geändert. Vorher haben wir einfach gekocht, was wir hatten, ohne dabei an eine ausgewogene Ernährung zu denken.“

Das JANO-Projekt wird von der Europäischen Union und der Austrian Development Agency (ADA) aus Mitteln der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit gefördert.

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