Briefe aus der Nachkriegszeit

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In einer gemütlichen Stube in Graz sitzt Gerti, geborene Scheiringer (84), umgeben von vergilbten Briefen und Erinnerungen. Sie ist eine von mehreren Zeitzeuginnen in der Steiermark, die sich noch gut an die CARE-Pakete® aus den USA erinnern können. In der Nachkriegszeit waren diese für viele österreichische Familien lebensrettend.

Wir vegetieren dahin, gerade am Verhungern vorbei, schrieb Gertis Vater Walter Scheiringer im März 1946 an seinen Studienkollegen Anton Tedesko, der nach dem Studium in Wien in die USA ausgewandert war. „Wenn du mir durch das Rote Kreuz oder auf irgendeinem anderen Wege ein paar Dosen Fettkonserven oder dergleichen schicken kannst, würde ich für den Rest meines Lebens dankbar bleiben. Und wenn du eine Zahnbürste und ein Stück Seife dazulegen kannst, ist die Seligkeit vollkommen.“

Gerti bewahrt diese wertvollen Briefe sorgsam für ihre Kinder und Enkelkinder auf, damit die Erinnerung an die Zeit im Nachkriegsösterreich nicht verblasst. 1946 gilt als das schlimmste Hungerjahr. Auch Familie Scheiringer hatte es besonders schwer. Der Vater, vormals Bauleiter bei der Reichsautobahn, war nach Kriegsende arbeitslos. Gerti betont jedoch: „Wir Kinder haben keinen Hunger gelitten. Die Erwachsenen haben sich das Essen für uns abgespart.“

Im Haus der Familie im steirischen Ennstal lebten zeitweise 20 Personen, weil Verwandte aus Niederösterreich vor den russischen Besatzern geflohen waren. Lebensmittelmarken wurden zusammengelegt, jeder Tropfen Milch war kostbar. Ein Erlebnis ist Gerti besonders in Erinnerung geblieben: „Ich wurde zum Milchholen geschickt, und mir ist die Kanne heruntergefallen. Die Milch ist ausgeronnen und wir haben gesagt: ,Um Gottes willen, jetzt haben wir nichts!‘ Die Verkäuferin hat mir die Kanne wieder gefüllt – das war ein Geschenk.“

Die Rettung kam mit dem ersten CARE-Paket®. Im September 1946 schrieb der Vater voller Freude an seinen Freund: „Diese Woche hast du direkt den Onkel aus Amerika gespielt. Gleichzeitig mit deinem Brief kam Nachricht einer Grazer Spedition, dass CARE ein Paket für mich lagert. Ich bin beglückt über die vielen schönen Sachen.“

Briefe

1947: Vater Scheiringer bittet einen Freund in den USA um Schuhe für die Kinder. „Wir hatten davor nur ein Paar gemeinsam“, so Gerti. Foto: Privat

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Foto aus dem Jahr 1948: Gerti mit ihre Mutter und Schwester. Die Mädchen tragen Kleider, die in einem CARE-Paket® geschickt wurden. Foto: Privat

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75 Jahre später unterstützt Gerti Scheiringer selbst CARE aus „Erinnerung an die alten Zeiten.“ Foto: CARE

Die Ankunft eines CARE-Pakets® war jedes Mal „ein Fest“ für Familie Scheiringer, wie es in einem Brief vom Dezember 1946 heißt. Gerti, damals fünf Jahre alt, kann sich noch genau an den Inhalt erinnern: „Der Kakao, die Trockenmilch – die haben wir mit dem Löffel gefuttert, weil sie süß war. Dann gab es Bacon und Corned Beef. Die gesalzene Butter mochten wir Kinder allerdings nicht.“

Die CARE-Pakete® bewirkten sichtbare Veränderungen. In einem Brief vom Dezember 1946 schrieb der Vater: „Gertrud und die Kinder haben tatsächlich in den letzten Wochen etwas zugenommen und schauen schon viel besser aus als vor deiner ,Hilfsaktion für Notleidende Mitteleuropäer‘.“ Der Freund aus den USA schickte nicht nur Lebensmittel. Als der Vater an Tuberkulose erkrankte, half er mit dem in Europa nicht erhältlichen Antibiotikum Streptomycin.

Auch Kleidung erreichte die Familie. „Das waren gebrauchte Kleider, die seine Frau in Amerika gesammelt hatte“, erklärt Gerti. „Die Mütter und Tanten haben sie für uns zurechtgeschneidert.“ In einem Brief von 1952 bedankte sich der Vater: „Die Kinder haben eine Riesenfreude damit. Sie haben gleich alles angezogen und probiert und festgestellt, dass der gute Onkel Anton so viel geschickt hat. Natürlich haben sie auch gestritten, wenn beide das gleiche Stück haben wollten.“

Bis 1955 kamen die CARE-Pakete®, dann schrieb der Onkel: „Ich habe die Nachricht erhalten, dass CARE solche Pakete nicht mehr übernimmt“, und schickte fortan Geld.

Heute, mehr als 75 Jahre später, unterstützt Gerti Scheiringer selbst CARE. „An CARE spende ich in Erinnerung an die alten Zeiten“, sagt sie. „Manchmal ein bisschen mehr als an andere Organisationen.“ Sie prüft genau, welche Projekte sie unterstützt – bei CARE hat sie das Gefühl: „Das ist was Sicheres. Das kommt dorthin, wo es gebraucht wird.

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