Es braucht
nicht nur
Zelte, sondern Zukunft

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Wir sprechen meist nicht mit, sondern über geflüchtete und vertriebene Menschen. Wir zählen sie, während wir sie nicht kennen. Mehr als 122 Millionen Menschen sind weltweit auf der Flucht. Eine Zahl, die zu groß ist, um sie zu begreifen.

In meinem Beruf lerne ich die Menschen kennen. Ich höre die Geschichten, die in der öffentlichen Debatte oft fehlen. Ich denke an Jaqulin, die im Südsudan mit ihren Kindern im Arm auf einer dünnen Decke vor den geschlossenen Toren eines Aufnahmezentrums schläft. Ich denke an Assim, 13 Jahre alt, der die Nächte auf einem Baum verbrachte, um sich vor Hyänen zu schützen. An Maria (Bild oben), die im Tschad im heißen Sand nach Wasser gräbt. An Teissir, die ihre verletzte Schwester aus dem brennenden Haus trug. Und Faduz, die ihre Kinder in Somaliland an ihren Körper drückte, um sie vor den Kugeln zu schützen. An Joaquima, deren Bruder in Mosambik von Extremisten geköpft wurde. An Haifa, die im Sindschar mit ansehen musste, wie Mütter entscheiden, welche ihrer Kinder sie auf der Flucht mit in die Berge nehmen und welche sie zurücklassen. An Marwa in Jordanien, 15 Jahre alt, die Architektin werden will, um ihre Heimat Syrien wiederaufzubauen. An Souad, die blind in Syrien durch Explosionen und Minenfelder floh. An Tatiana, die auf der Flucht ihr Kind in einem dunklen, leeren Krankenhaus in der Ukraine zur Welt brachte, während draußen Bomben fielen. An Hanna aus Mariupol, die aus Angst nie höher als in den ersten Stock geht, um im Ernstfall schnell in den Keller fliehen zu können. An die Rentnerin Larisa, die jetzt in einem alten Theater im Osten der Ukraine auf einem Feldbett schläft. An Olena (Bild ganz unten), deren Sohn in Kharkiv in einer U-Bahn-Station zur Schule geht.

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Bei der Flucht aus dem Sudan wurde Assim (13) von seinen Eltern getrennt. Er weiß nicht, ob noch jemand aus seiner Familie am Leben ist. Foto: Sarah Easter/CARE

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Marwa (15) war bei ihrer Flucht aus Syrien fünf Jahre alt. Eines Tages möchte sie in ihre Heimat zurückkehren und als Architektin beim Wiederaufbau helfen. Foto: Sarah Easter/CARE

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Hanna und ihr Mann Danylo mussten aus Mariupol fliehen, ihr Zuhause ist mittlerweile zerstört. Foto: Sarah Easter/CARE

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Nach zehn Tagen Flucht erreichten Teissir (23) und ihre Schwestern ein Vertriebenencamp im Tschad, wo sie sich ein Haus bauen werden. Foto: Sarah Easter/CARE

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Joaquimas Bruder wurde bei einem Überfall auf ihr Dorf in Cabo Delgado getötet. Nachdem auch ihre Schwägerin starb, kümmert sich Joaquima nun um ihre drei Nichten. Foto: Sarah Easter/CARE

Die Not wächst schneller als die Hilfe

Was diese Menschen vereint, ist der Verlust von Zugang zu grundlegender Hilfe. Aufgrund eines alarmierenden Rückgangs an humanitärer Finanzierung weltweit mussten viele lebenswichtige Programme gekürzt oder ganz eingestellt werden. Das ist besonders fatal, wenn Menschen nicht nur vor Gewalt fliehen, sondern in den Zufluchtsorten weiter hungern oder ohne medizinische Versorgung bleiben. Fehlende Gelder kosten Menschenleben.

Deshalb braucht es konkrete Schritte. Ein Ausbau humanitärer Budgets auf nationaler und internationaler Ebene gehört dazu. Dieser muss sich am realen Bedarf, nicht an politischen Stimmungen orientieren. Dabei geht es nicht nur um Schutz, sondern um Teilhabe, Perspektive und Wiederaufbau. Es braucht nicht nur Zelte, sondern Zukunft. Nicht nur kurzfristige Hilfe, sondern nachhaltige Unterstützung.

Der Weltflüchtlingstag zeigt, was fehlt: Eine bessere Koordination zwischen Gebern, NGOs und lokalen Akteuren sowie den politischen Willen, humanitären Zugang auch in Konfliktgebieten durchzusetzen. Und nicht zuletzt braucht es eine stärkere Einbindung der Betroffenen selbst – nicht nur als Empfänger von Hilfe, sondern als Expert:innen ihrer Lebensrealitäten.

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