"Mein Baby soll in Frieden leben"

Zenab (33) ist hochschwanger. Kurz vor Beginn des Krieges in Gaza erfuhr sie von ihrer Schwangerschaft. Sie lebt mit ihrer drei Jahre alten Tochter Lila als Vertriebene in einem Zelt in der Nähe von Khan Younis. Im Herbst wurden die beiden bei einem Angriff unter den Trümmern ihres Hauses in Gaza-Stadt verschüttet. Sie konnten gerettet werden und kamen ins Krankenhaus. „Alles um uns herum war voller Staub und Feuer“, erinnert sich Zenab.

Seitdem mussten sie mehrmals von einem Ort zum anderen ziehen. Zenabs Mann wurde im Dezember getötet, als er unterwegs war, um Essen für die Familie zu kaufen. Verwitwet und schwanger war Zenab von da an gezwungen, sich mit ihrer kleinen Tochter alleine durchzuschlagen. „Wir waren immer noch in Gaza-Stadt, und ich wusste nicht, wohin ich gehen sollte. Ich trauerte, vermisste meinen Mann und war völlig außer mir, weil ich nicht wusste, was ich ohne ihn tun sollte.“ Ein Nachbar nahm sie und ihr Kind auf, bis es Zenab gelang, ihre Familie zu erreichen, die bereits nach Rafah geflüchtet war. „Ich litt unter Komplikationen während meiner Schwangerschaft. Wir hatten nicht genug Wasser zum Trinken und kaum etwas zu essen“, sagt Zenab.

Im März machte sich Zenab mit ihrer Tochter in den Süden von Gaza auf, wo ihre Familie in der Nähe von Rafah untergekommen war. Der Weg war sehr schwierig und gefährlich. Sie musste mit der Kleinen mehr als drei Stunden zu Fuß gehen, auf einem Eselskarren fahren und wieder zu Fuß weitergehen, bis sie eine Mitfahrgelegenheit in einem Auto fand. „Überall um uns herum fielen Bomben und Raketen. Es war wie ein Gang durch die Hölle, und es fällt mir bis heute schwer zu glauben, dass wir bis jetzt überlebt haben.“

Die fehlende ärztliche Versorgung in Gaza ist für Schwangere wie Zenab besonders schlimm. Es gibt kaum sanitäre Einrichtungen und die hygienischen Bedingungen sind schwierig. Jedes Mal, wenn sie ins Krankenhaus geht, hat Zenab Angst vor Bombenangriffen auf dem Weg oder der Gefahr, sich dort mit Krankheiten anzustecken. Die wenigen medizinischen Einrichtungen sind überfüllt und kommen mit der Versorgung der vielen hilfesuchenden Menschen nicht nach. „In all diesen Monaten gab es überall um mich herum Tod und Zerstörung, Krankheiten und Leid“, sagt Zenab.

Sie macht sich wegen der harten Lebensbedingungen auch große Sorgen um ihre kleine Tochter. „Sie hat ständig Bauchschmerzen und leidet unter der Hitze im Zelt, dem Mangel an Nahrung und den vielen Insekten, die sie beißen“, sagt Zenab. „Lila hat so viele tote Menschen gesehen. Sie hat die ganze Zeit über Angst. Selbst wenn sie schläft, hält sie sich die Ohren zu, weil sie Angst vor dem Lärm der Bombardierungen hat.“ In der Nähe ihres Zelts gibt es kein sauberes Trinkwasser. „Wir haben kaum Wasser, um uns zu reinigen oder unsere Hände und Kleidung zu waschen. Es gibt keine saubere Toilette, und ich fürchte jedes Mal, krank zu werden, wenn ich sie aufsuche.“

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Zenabs Tochter hat ständig Bauchschmerzen und leidet unter Angst. Foto: CARE/Team Yousef Ruzzi

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Die einzige Zuflucht ist dieses Zelt. Foto: CARE/Team Yousef Ruzzi

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Lila (3) fragt oft nach ihrem früheren Zuhause. Es wurde zerstört. Foto: CARE/Team Yousef Ruzzi

Zenab und ihre Kinder können nicht nach Hause zurück. Lila fragt oft danach, doch von dem Gebäude, in dem sie früher lebten, sind nur Schutt und Asche geblieben. Zenab wird nach der Geburt ihrer zweiten Tochter ins Zelt zurückkehren müssen, das nun ihre einzige Zuflucht ist. Sie haben keine richtige Matratze. Der sandige Boden, auf dem sie schlafen, ist uneben. Zenab hat Schmerzen im ganzen Körper. „Es gibt keinen Trost und keine Ruhepause. Wie werden wir den Sommer überstehen, mitten in der Wüste, in einem Zelt mit einem Kleinkind und einem Neugeborenen?“, fragt sie sich. Sie ist auch voller Trauer, dass ihr verstorbener Mann das Baby nie kennenlernen wird.

„Mein größter Wunsch in den letzten Monaten war das Ende des Krieges. Ich möchte in Frieden und unter sauberen und hygienischen Bedingungen entbinden“, sagt Zenab. Sie wünscht sich für alle Kinder in Gaza eine friedliche Zukunft. „Jedes Mal, wenn ich höre, dass neue Verhandlungen stattfinden, schöpfe ich Hoffnung. Aber dann passiert wieder nichts – außer noch mehr Zerstörung und Schrecken.“ Doch der Krieg habe sie Geduld gelehrt. Zenab wird den Wunsch nach Frieden nicht aufgeben.

CARE Österreich verurteilt zutiefst den brutalen Terrorangriff auf Israel vom 7. Oktober sowie jegliche Gewalt gegen Zivilbevölkerungen. CARE fordert daher die sofortige Einstellung der Kampfhandlungen und die Einhaltung des humanitären Völkerrechts von allen Konfliktparteien, den ungehinderten Zugang von humanitärer Hilfe nach und innerhalb von Gaza, die Evakuierung von Kranken und Verletzten sowie die Freilassung aller Geiseln. Die Arbeit von CARE orientiert sich ausschließlich am humanitären Mandat und den Menschenrechten.

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