„Afrika
ist in den
internationalen
Medien unsichtbar“

Ein Gespräch mit Kirobi Zelipha, freiberufliche Journalistin bei Associated
Press (AP) in Kenia, über vergessene humanitäre Krisen in Afrika.

Welchen Ländern wird Ihrer Meinung nach zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt?

Der Demokratischen Republik Kongo und Somalia. Das ist auf anhaltende Kriege zurückzuführen, die die Regionen zu einem hohen Risiko machen und zu einer „Ermüdung“ führen. Ermüdung insofern, als das Thema medial nicht die Aufmerksamkeit erhält, die es verdient.

Warum wird die Situation in vielen afrikanischen Ländern von großen Krisen wie in der Ukraine oder im Nahen Osten überschattet?

Damit afrikanische Krisen die erforderliche Aufmerksamkeit erhalten, müssen die Medien bei der Berichterstattung über afrikanische Krisen objektiv und überlegt vorgehen. Die afrikanischen Medien treiben bestimmte Themen, die den Kontinent betreffen, nicht voran. So wurde beispielsweise ständig zur besten Sendezeit über die Ukraine berichtet. Das beeinflusste die öffentliche Meinung, die Ukraine erhielt massive Hilfe. So hat Afrikas Medienwelt die eigenen Krisen übersehen. Dabei sollten sie objektiv sein und sehr bewusst an die Krisen innerhalb Afrikas herangehen und Narrative vorantreiben, die die Krisen des Kontinents beleuchten.

Auch Kosten und Risiken der Krisenberichterstattung sind ein Hindernis. In der Regel handelt es sich um Hochrisikogebiete, für die Medien ihre Mitarbeiter:innen speziell in Kriegs- und Konfliktberichterstattung schulen müssen. Auch die Arbeit von freiberuflichen Journalistinnen und Journalisten ist in solchen Gebieten teuer. Aus Kostengründen neigen Medien dazu, diese Regionen zu meiden und sich auf weniger riskante Gebiete zu konzentrieren. Die Überschwemmungen in Ostafrika haben kritische Schäden am Straßennetz verursacht. Die Berichterstattung erfordert hier den Einsatz von Hubschraubern, Drohnen und anderer Spezialausrüstung. Das ist sehr teuer.

Und schließlich hat sich die internationale Gemeinschaft in die Probleme Afrikas eingemischt. Sie hält die Medien aus den Konflikten heraus, die sie teilweise geschaffen und angeheizt hat – meiner Meinung nach auch um Kritik und Kontrolle zu vermeiden. Die Plünderung enormer Ressourcen zählt hier auch dazu.

Was wäre Ihrer Meinung nach notwendig, damit (chronische) Krisen in Afrika mehr Aufmerksamkeit erhalten?

Die afrikanischen Medien sollten objektiv und bewusst über Themen berichten, die den Kontinent betreffen. Mehr finanzielle Mittel für Medien werden entscheidend sein, damit sie ihre Arbeit leisten können. Berichterstattung über Kriege und Konflikte, die öffentliche Gesundheit und den Klimawandel sollte im Fokus stehen. Kapazitätsaufbau und entsprechende Schulungen sind ebenso wichtig, damit über solche Krisen berichtet werden kann.

Wir wissen aus unserer Analyse, dass über den neuen Barbie-Film fast 300.000 Online berichtet wurde, über die humanitäre Situation in Sambia hingegen nur 1.371 Mal. Was sagen Sie dazu?

Was den Film betrifft, so müssen wir uns im Klaren sein, dass wir es mit unterschiedlichen Zielgruppen zu tun haben. Die Rezeption ist anders als die von Nachrichten. Bei Filmen wird digitales Marketing und Werbung betrieben. Dennoch spricht es Bände, dass man Inhalte bewusst an das Publikum herantragen muss.

Gibt es noch etwas, das Sie uns mitteilen möchten?

Afrika ist in den internationalen Medien kaum sichtbar. Die internationalen Medien sollten afrikanische Themen mit dem gleichen Nachdruck behandeln, wie sie es bei der Ukraine und im Nahen Osten tun.

CARE-Report

Breaking the Silence

Lesen Sie im Report darüber, welche zehn humanitären Krisen 2023 die wenigsten Schlagzeilen machten und was wir dagegen tun können.

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