Wien, 4. Mai 2022. „Müttersterblichkeit darf im 21. Jahrhundert kein Thema mehr sein. Frauen müssen in ihrem Zugang zu Gesundheitsversorgung, ihrer Selbstbestimmung, ihrer Unabhängigkeit und sozialen Stellung gestärkt werden. Im Umgang mit schwangeren Frauen und Müttern zeigen sich die Reife und die Gleichstellungsbestrebungen einer Gesellschaft und er ist gleichzeitig ein Prüfstein, wie die Hälfte der Menschheit zu ihren Menschenrechten kommt: nämlich gesund und selbstbestimmt Mutter zu werden“, sagt Petra Bayr, Nationalratsabgeordnete und Initiatorin der Plattform Mutternacht.

Täglich sterben mehr als 800 Frauen an Komplikationen während der Schwangerschaft oder Geburt. Hinzu kam in den letzten zwei Jahren COVID-19. Lange wurde das Risiko für infizierte Schwangere unterschätzt, doch dieses sei sehr ernst zu nehmen, erklärt Mirijam Hall, Ärztin an der Gynäkologie und Geburtshilfe der Klinik Ottakring in Wien: „Jede fünfte Schwangere, die an unserer Abteilung mit Symptomen vorstellig wurde, musste letztendlich intensivmedizinisch behandelt werden. Das Risiko, eine Frühgeburt zu erleiden, ist mehr als dreifach erhöht. Schwangere vor einer Erkrankung zu schützen, muss daher unser oberstes Ziel sein.“ Ihre Abteilung hat österreichweit die meisten Corona-positiven Schwangeren betreut und die in allen Kliniken der Stadt Wien gültige medizinische Vorgangsweise in der Betreuung von an Covid erkrankten Schwangeren entwickelt. Sie war außerdem federführend daran beteiligt, dass Wien die erste europäische Großstadt mit eigenem COVID-Impfprogramm für Schwangere war.

Neben den direkten Folgen der Pandemie auf die mütterliche und kindliche Gesundheit sind auch die indirekten Folgen nicht zu unterschätzen. Es hat sich gezeigt, wie wenig krisenfest viele Gesundheitssysteme weltweit sind. „Durch Lockdowns kam es zu Unterbrechungen der geburtshilflichen Versorgung. Die Pandemie bleibt eine Belastungsprobe für fragile Gesundheitssysteme, wobei vor allem die Ärmsten der Armen betroffen sind“, so Willibald Zeck, Koordinator des globalen Mutter- und Neugeborenenprogramms beim Bevölkerungsfond der Vereinten Nationen (UNFPA). „Daher ist es wichtig, den Zugang zur Schwangerenvorsorge weltweit zu gewährleisten. Denn COVID-19 gefährdet Mütter und ihre Kinder – vor allem in Ländern des globalen Südens, wo sich die Schere zwischen Arm und Reich in den letzten Jahren immer weiter geöffnet hat.“

Tschad: „Als schwangere Frau weiß man nicht, ob man die Schwangerschaft überleben wird“

Welche Herausforderungen eine Schwangerschaft für Frauen im globalen Süden mit sich bringt, sieht Huguette Sekpe, Programmdirektorin der Hilfsorganisation CARE im Tschad, täglich bei ihrer Arbeit: „Obwohl die Müttersterblichkeitsrate in den letzten zwanzig Jahren rückläufig war, haben wir im Tschad immer noch eine der höchsten. Als schwangere Frau weiß man nicht, ob man die Schwangerschaft überleben wird.“ Die Gründe seien vielfältig und oft liege die Hauptlast, gesund zu bleiben, bei den Frauen. Aufklärung, Programme zur Stärkung von Frauen und ein verbesserter Zugang zur Gesundheitsversorgung können helfen. „Denn jede Frau und jede Mutter, die aufgrund fehlenden Zugangs zu Gesundheitsversorgung, Informationen und Verhütungsmitteln oder negativer soziokultureller Faktoren stirbt, ist eine zu viel“, so Sekpe.

Die Plattform Mutternacht ist eine Initiative von parlamentarischen, zivilgesellschaftlichen und entwicklungspolitischen Organisationen und setzt sich für eine Senkung der Müttersterblichkeit im globalen Süden ein.

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