Sudan: Kampf ums Überleben

Drei Zeilen auf Arabisch – 25. Tag des Ramadan, 15. April 2023, Samstag. „Das ist der Tag, der unser Leben verändert hat. Überall, wo wir hingehen und leben, schreibt meine Tochter Amel diese drei Zeilen an die Wand, um uns daran zu erinnern, dass dies der Tag war, an dem uns alles genommen wurde. Dass dies nicht normal ist. Wir leben so, weil dieser Tag uns aus unserem Leben gerissen hat.“ Während sie das sagt, sitzt Alradia in einer Notunterkunft für Geflüchtete in Port Sudan. Ihr früheres Zuhause in Khartum musste sie verlassen, als es sich plötzlich mitten in einem Kriegsgebiet befand. Doch zuvor durchlebten Alradia und ihre Kinder über Monate eine Zeit von Tod, Explosionen und Verlust.

„Ich bewegte mich nur in den frühen Morgenstunden im Dunkeln auf der Suche nach Nahrung und musste durch bewaffnete Gruppen laufen. Ich hoffte, dass mich niemand erschießt, damit ich zu meinen Kindern zurückkehren konnte.“ Sie sagt es ganz offen und verstummt dann. Sieben Monate lang blieben sie und ihre fünf Kinder in Khartum, während die Stadt zu einem Ort der Angst wurde. „Die Schulen wurden sofort geschlossen. Und dann kamen bewaffnete Männer, um meinen Mann mitzunehmen. Sie schlugen ihn brutal. Sie schlugen uns beide vor den Augen der Kinder und schossen in die Decke. Dann nahmen sie ihn mit, und ich wusste nicht, was mit ihm passiert war. Ein Jahr lang fürchtete ich, dass er tot sei, aber er wurde gefangen gehalten. Das war die dunkelste Zeit meines Lebens.“

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Alradia (r.) mit ihrer Tochter Amel in der Notunterkunft. Foto: Sarah Easter/CARE

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Alradia und ihre fünf Kinder schlafen auf wackligen Schulbänken. Foto: Sarah Easter/CARE

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CARE hat in der Notunterkunft einen Wasseranschluss eingerichtet. Foto: Sarah Easter/CARE

Als die Lage unerträglich wurde, flohen Alradia und ihre Kinder. Sie pferchten sich in den Wagen eines Nachbarn und machten sich in ständiger Todesgefahr auf den Weg. Bewaffnete Männer durchsuchten sie, schrien sie an, richteten Waffen auf ihre Schläfen und Schultern. Alradia zeigt mit zitternden Händen, wo Gewehre gegen die Köpfe ihrer Kinder gedrückt wurden. „Bomben fielen links und rechts. Bei jedem dumpfen Knall blieb mir das Herz stehen. Als wir endlich die Stadt verlassen hatten, war ich so erleichtert. Wir waren noch am Leben.“

Ihr Ziel war Port Sudan. Es ist ein rauer Ort: Sand und trockenes Land und im Sommer unerträglich heiß. In der Stadt drängen sich viele Geflüchtete. Die Preise stiegen stark. Die Brunnen sind oft leer. Alradia und ihre Familie nennen nun ein früheres Klassenzimmer ihr Zuhause. Immerhin haben sie hier einen Wasseranschluss, den CARE eingerichtet hat.

Zu essen ist nie genug da. Anfangs erhielten Menschen wie Alradia Unterstützung von Hilfsorganisationen. Doch die Spenden gingen zurück, die Programme wurden gekürzt und die Verteilungen eingestellt. Alradia kauft Nahrung mit dem wenigen Geld, das sie hin und wieder verdienen kann. Sie streckt die Mahlzeiten so gut es geht. Und doch reicht es nie. Alle in der Familie müssen mit kleinen Portionen auskommen. Es gibt nur Reis, Linsen und trockenes Brot. Seit sie in dem früheren Klassenraum leben, schlafen Alradia und ihre Familie auf Schulbänken und Tischen. „Aber einige sind kaputt oder wackeln. Die Kinder fallen oft herunter.“ Die Kissen und Decken gehören ihnen nicht, sie sind geliehen. „Wir selbst haben nichts mehr“, sagt Alradia.

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