Zehn Jahre nach dem Völkermord ist das Trauma tief

Zehn Jahre nach dem Beginn des Völkermords an den Jesiden und Jesidinnen kämpfen die Überlebenden darum, ihre Existenz wieder aufzubauen. Sie harren in Flüchtlingscamps aus und haben kein sicheres Zuhause, in das sie zurückkehren könnten. Ihre Heimatregion Sinjar ist großteils zerstört. Frauen und Mädchen müssen Gewalt und Übergriffe fürchten.

„Das Trauma sitzt wirklich tief“, sagt CARE-Nothelferin Sarah Easter in einem Interview mit ORF.at. Easter war vor kurzem im Nordirak und hat mit Vertriebenen gesprochen – z.B. im Lager in Dohuk. Die meisten wohnen dort in Zelten. Temperaturen um die 40 Grad setzen den Menschen zu. Es fehlt ihnen an Wasser. „Die Bedingungen in den Camps sind schlimm“, sagt Easter.

Mehr als 1,1 Millionen Menschen im Irak sind Vertriebene innerhalb des Landes. Unter ihnen sind viele Jesiden und Jesidinnen. Trotz aller Bemühungen können sie nicht in ihre Heimatorte zurück. Ihnen fehlen auch Möglichkeiten, ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Die Klimakrise verschärft die Lage. Viele Geflüchtete waren zuvor in der Landwirtschaft tätig. Sie halten ein Einkommen in dem Sektor für kaum mehr möglich, weil es an Wasser fehlt und sich das Wetter im Irak verändert hat.

In den Camps für Geflüchtete leiden die Menschen unter großer Hitze. In den Camps für Geflüchtete leiden die Menschen unter großer Hitze.

CARE-Nothelferin Sarah Easter im Camp Dohuk im Irak. Foto: CARE

Viele haben Sehnsucht nach ihrer Heimat in der Region Sinjar, sagt Easter. Doch größer noch sind die Angst und die Bedenken wegen fehlender Perspektiven. Jesiden und Jesidinnen, die zur Flucht gezwungen wurden, fürchten immer noch um ihr Leben, wenn sie zurückkehren. In der Region herrschen nach wie vor Spannungen. Bewaffnete Gruppen stellen ein erhebliches Sicherheitsrisiko für alle dar, besonders aber für Frauen und Mädchen. Für sie besteht die Gefahr von Entführung, Vergewaltigung und Gewalt. Dörfer und Städte sind immer noch größtenteils zerstört.

Nach Angaben der Internationalen Organisation für Migration (IOM) der Vereinten Nationen liegen 80 Prozent der öffentlichen Infrastruktur und 70 Prozent der Häuser in Sinjar in Trümmern. Die Häuser vieler früheren Bewohner:innen sind unbewohnbar. In den meisten Teilen des Gebiets herrscht nach wie vor ein gravierender Mangel an Arbeitsmöglichkeiten und sozialer Unterstützung.

Doch auch in den Camps ist die Zukunft ungewiss. Immer wieder ist davon die Rede, dass sie geschlossen werden könnten. Das Trauma von Gewalt und Vertreibung belastet die Menschen nach wie vor. Für das Schicksal der Jesiden und Jesidinnen schwindet jedoch die Aufmerksamkeit und damit verringern sich die Gelder für Hilfe. Die Unsicherheit darüber, wie es weitergeht, führt bei den Bewohner:innen der Camps zu Schlafproblemen und gestörtem Essverhalten. „Sie sorgen sich, bald ohne Hilfe zu sein“, sagt Easter.

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