Wie wir uns für die Gleichstellung und Sicherheit von Frauen und Mädchen einsetzen
Es sind Zahlen, hinter denen sich großes Leid verbirgt: Alle zehn Minuten wird eine Frau von ihrem Partner oder einem Familienmitglied getötet. Über 200 Millionen Frauen und Mädchen weltweit sind von weiblicher Genitalverstümmelung betroffen. Jede dritte Frau erlebt in ihrem Leben körperliche oder sexuelle Gewalt. Es wird vermutet, dass die Dunkelziffer hoch ist, da viele Frauen aus Angst oder Scham schweigen. Gewalt beginnt aber nicht erst mit Schlägen. Es gibt verschiedene Erscheinungsformen von Gewalt, dazu zählen sexualisierte, physische, psychische, soziale und finanzielle Gewalt.
Vor allem in Krisengebieten und nach Naturkatastrophen steigt das Risiko für Frauen und Mädchen, Gewalt zu erleben. Wenn gesellschaftliche Strukturen zusammenbrechen und Schutzmechanismen wegfallen, sind es vor allem Frauen und Mädchen, die den Preis zahlen. Ein Beispiel: Fehlende sanitäre Anlagen und weite Wege zu Wasserstellen erhöhen das Risiko von Übergriffen. In bewaffneten Konflikten wird sexuelle Gewalt sogar systematisch als Kriegswaffe eingesetzt. CARE bekämpft die grundlegenden Ursachen geschlechtsspezifischer Gewalt und unterstützt Frauen und Mädchen weltweit.
Gewalt hat viele Gesichter!
Geschlechtsspezifische Gewalt zeigt sich in vielen Formen. Sie reicht von physischer und sexueller Gewalt - wie systematischen körperlichen Übergriffen oder Vergewaltigungen - bis hin zu psychischer Gewalt durch Demütigung und Kontrolle. Auch wirtschaftliche Gewalt durch erzwungene finanzielle Abhängigkeit ist weit verbreitet. Die Folgen dieser verschiedenen Gewaltformen sind schwerwiegend und langanhaltend.
Unsere Arbeit im Überblick:
Psychosoziale Betreuung
Speziell ausgebildete lokale Beraterinnen unterstützen Überlebende von Gewalt dabei, ihre traumatischen Erfahrungen zu verarbeiten und neue Perspektiven zu entwickeln.
Foto: Frauen in Ägypten verarbeiten gemeinsam ihre traumatischen Erfahrungen, in diesem Fall durch Kunst.
Einbindung von Männern
Präventionsprogramme zielen darauf ab, traditionelle Geschlechterrollen zu hinterfragen, gewaltfreie Konfliktlösung zu fördern und Männer als positive Vorbilder und Verbündete zu gewinnen.
Foto: The Young Men Initiative stellt gemeinsam mit jungen Männern im Kosovo aktiv vorherrschende Geschlechterrollen in Frage.
Sichere Räume
CARE errichtet Schutzzentren für von Gewalt Betroffene, die nicht nur unmittelbaren Schutz, sondern auch medizinische Versorgung, rechtliche Beratung und sichere Übernachtungsmöglichkeiten bieten.
Foto: Farah unterstützt in Syrien Frauen auf der Flucht, sich gegen Gewalt zur Wehr zu setzen.
Finanziell unabhängig
Durch Spargruppen (VSLA) und berufliche Qualifizierung werden Frauen in die Lage versetzt, eigenes Einkommen zu generieren und sich aus Abhängigkeitsverhältnissen zu befreien.
Foto: María aus Guatemala hat an Schulungen teilgenommen, die ihr ermöglichen, aus diskriminierenden wirtschaftlichen Strukturen auszubrechen.
CARE verfolgt einen ganzheitlichen Ansatz, der über die unmittelbare Hilfe hinausgeht. In Gemeinden und Schulen führen wir breit angelegte Aufklärungskampagnen durch, um das Bewusstsein für geschlechtsspezifische Gewalt zu fördern. Dabei binden wir gezielt lokale Führungspersonen, religiöse Autoritäten und traditionelle Entscheidungsträger:innen ein. Gemeinsam wollen wir schädliche Praktiken hinterfragen und nachhaltige Veränderungen in den Gemeinschaften anstoßen. Besonders wirkungsvoll ist der Peer-to-Peer-Ansatz: Ausgebildete Gemeindemitglieder fungieren als Multiplikator:innen und führen kulturell sensible Gespräche. So entsteht ein Dialog auf Augenhöhe, der Vertrauen schafft und Veränderungen fördert. CARE engagiert sich auch auf politischer Ebene. Wir setzen uns für bessere Schutzgesetze ein – und dafür, dass diese auch umgesetzt werden. Durch die Vernetzung von Behörden, zivilgesellschaftlichen Organisationen und lokalen Entscheidungsträger:innen entsteht ein starkes Sicherheitsnetz für gefährdete Frauen und Mädchen.
Unsere Programme entwickeln wir kontinuierlich weiter – durch regelmäßige Evaluierungen und den Austausch bewährter Ansätze mit Partnerorganisationen weltweit. In Konflikt- und Katastrophengebieten leisten wir gezielte Nothilfe. Wir verteilen Hilfspakete, die neben Hygieneartikeln auch Materialien zur Gewaltprävention enthalten. Gleichzeitig schulen wir Gesundheitspersonal, damit es Anzeichen von Gewalt erkennt und Betroffene professionell unterstützen kann. CARE richtet außerdem Beratungsstellen, Notunterkünfte und mobile Teams ein, die auch abgelegene Regionen erreichen. Gemeinsam mit lokalen Frauenorganisationen bauen wir Netzwerke und Strukturen auf, die langfristig bestehen.
„Ich ermutige Mädchen, die von Missbrauch betroffen sind. Sie sollen ihre Rechte kennen und sich nicht dem gesellschaftlichen Druck beugen. Es gibt immer einen Ausweg.“
Unsere Ziele:
Gemeinsame Vision
Bis 2030 planen wir 50 Millionen Frauen und Mädchen zu unterstützen, insbesondere gegen geschlechtsspezifische Gewalt.
Starke Netzwerke
Wir kooperieren mit Frauenorganisationen und Entscheidungsträger:innen, um langfristige und selbsttragende Strukturen zu schaffen.
Neue Normen
Um nachhaltige Veränderungen zu erwirken, kämpfen wir dafür, dass veraltete Praktiken und Frauenbilder der Vergangenheit angehören.
Projektteilnehmer:innen erzählen:
Bangladesch
Sexuelle Belästigung: Hafsa wehrt sich
Im CARE-Projekt JANO lernen Mädchen, wie sie sich tatkräftig gegen Übergriffe wehren können. Das gibt ihnen auch in anderen Bereichen ihres Lebens Selbstvertrauen.
Astella setzt sich heute gegen Kinderehen ein. Sie ist selbst sehr früh verheiratet worden und warnt nun andere vor den körperlichen, seelischen und wirtschaftlichen Gefahren.
Die Verantwortung für geschlechtsspezifische Gewalt liegt bei den Tätern - und das sind überwiegend Männer. Gleichzeitig sind Männer auch der Schlüssel zur Beendigung dieser Gewalt. Ein nachhaltiger Wandel kann nur gelingen, wenn Männer ihre privilegierte Position in der Gesellschaft kritisch hinterfragen und aktiv gegen geschlechtsspezifische Gewalt eintreten. Sie müssen aufstehen, wenn sie Zeuge von Gewalt oder Diskriminierung werden, und andere Männer zur Verantwortung ziehen.
CARE arbeitet deshalb gezielt mit Männern und Jungen zusammen, um gewaltfreie Konfliktlösung zu fördern und ein neues Verständnis von Männlichkeit zu entwickeln. Durch Bildungsprogramme und Dialogformate werden sie zu "Agents of Change" - zu aktiven Verbündeten im Kampf gegen geschlechtsspezifische Gewalt.
Foto: Odria und Emmanuel haben gemeinsam die Gewalt in ihrer Beziehung angesprochen und überwunden.
Sustainable Development Goals:
Die Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDGs) sind Teil eines gemeinsamen weltweiten Plans zur Förderung von Frieden, Wohlstand, Gerechtigkeit und dem Schutz unseres Planeten – jetzt und in der Zukunft. Anhand einer Reihe von Indikatoren soll der Fortschritt bei der Realisierung dieser Visionen festgehalten werden. Auch CARE Österreich hat sich diesen 17 Zielen verschrieben und wir leisten mit unserer Arbeit einen wertvollen Beitrag zu ihrer Erreichung.
SDG 5 – Geschlechtergleichstellung – verfolgt unter anderem das Ziel, alle Formen von Gewalt gegen alle Frauen und Mädchen im öffentlichen sowie privaten Bereich zu beseitigen. Das schließt auch den Kampf gegen Menschenhandel sowie sexuelle und andere Formen der Ausbeutung mit ein. Zudem wird gefordert, dass sich Staaten und zivilgesellschaftliche Organisationen gegen alle schädlichen Praktiken wie Kinderheirat, Frühverheiratung und Zwangsheirat sowie die Genitalverstümmelungbei Frauen und Mädchen einsetzen.
Weitere Fragen & Antworten:
Warum bleiben Frauen in Gewaltbeziehungen?
Die Gründe sind vielschichtig: Wirtschaftliche Abhängigkeit spielt oft eine zentrale Rolle, da viele Frauen über kein eigenes Einkommen verfügen. Die Angst vor sozialer Ächtung wiegt besonders in traditionellen Gesellschaften schwer, wo Trennung als Schande gilt. Die Sorge um die Kinder und die Angst vor einer Eskalation der Gewalt halten viele Frauen davon ab, sich zu trennen. Mangelndes Wissen über Hilfsangebote und fehlende Zufluchtsorte erschweren den Weg in die Unabhängigkeit. CARE arbeitet daran, diese Barrieren systematisch abzubauen – mit der klaren Botschaft: Die Schuld für die Gewalt liegt nie bei den Betroffenen!
Wie wirken sich Traditionen und kulturelle Praktiken aus?
In vielen Gesellschaften wird geschlechtsspezifische Gewalt durch traditionelle Normen legitimiert – von häuslicher Gewalt als „Privatsache“ bis zu schädlichen Praktiken wie Zwangsehen. Vorstellungen von „Ehre“ und „Schande“ machen Frauen für das Verhalten ihrer Familie verantwortlich, während religiöse Interpretationen oft missbraucht werden, um ihre Unterordnung zu rechtfertigen. CARE verfolgt einen kultursensiblen Ansatz: In enger Zusammenarbeit mit Gemeindeführenden und religiösen Autoritäten werden positive kulturelle Werte gestärkt, die Frauen schützen. Durch Dialog und Aufklärung wird verdeutlicht, dass der Schutz vor Gewalt ein fundamentales Menschenrecht ist.
Wie nachhaltig sind CAREs Interventionen?
CARE verbindet unmittelbare Hilfe für Betroffene mit langfristigen Veränderungsprozessen in den Gemeinden. Dies geschieht durch den Aufbau lokaler Kompetenzen, die Stärkung von Frauenorganisationen und die aktive Einbindung aller Gemeindemitglieder – von traditionellen Führungspersonen bis hin zu Jugendgruppen. Besonders wichtig ist dabei die Ausbildung lokaler Trainerinnen, die ihr Wissen weitergeben und als Multiplikatorinnen wirken. So entstehen selbsttragende Strukturen, die auch nach Ende der Projektlaufzeit bestehen bleiben.
Gegen Gewalt in Uganda
Auch im Norden Ugandas ist Gewalt gegen Frauen ein großes Problem. Wir setzen Maßnahmen, um Frauen stärken und ihnen zu einem selbstbestimmten Leben in Sicherheit zu verhelfen.
Gegen Gewalt in der Türkei
Frauen und Mädchen auf der Flucht sind einem erhöhten Risiko ausgesetzt, geschlechtsspezifische Gewalt zu erleben. CARE engagiert sich weltweit gegen Gewalt an Frauen.
Unsere weltweiten Projekte gegen Gewalt an Frauen:
Türkei
Hilfe gegen Gewalt und Ausbeutung
CARE unterstützt syrische Frauen und Kinder auf der Flucht in der Türkei gegen Ausbeutung sowie Gewalt und steht ihnen mit Rechtsberatung zur Seite.
CARE führt Sensibilisierungskampagnen zum Thema Gewalt an Frauen durch. Betroffene erhalten Unterstützung, Männer werden gezielt in die Arbeit eingebunden.
„Gewalt gegen Frauen und Mädchen ist ein globales Problem, das weitreichende Auswirkungen auf die Überlebenden selbst, auf ihre Familien und die Gesellschaft hat."
CARE Österreich Geschäftsführerin Andrea Barschdorf-Hager betont, warum wir uns für Frauen und Mädchen einsetzen, die von Gewalt betroffen sind. Weil Gewalt viele Gesichter und Formen hat, sind unterschiedlichste Lösungswege notwendig.